Sonntag, 8. April 2012

Kein fleisch, kein fisch …

zumeist muss mein anker mich ermahnen,
und die küchenuhr tickenderweise leise punkte schimpfen,
bis ich mich zu später stunde endlich ins bad bewege,
als letzte etappe des wachzustandes vor dem schlaf,
um mein gesicht mit einem schauer nass zu benetzen,
und den müll in form von make-up abzuspühlen,
den ich notgedrungen trage,
während mein anker mir zuflüstert,
das ich mir diesbezüglich mühe geben soll,
das er stolz auf mich ist das ich endlich richtung traumland taumel,
er mir dabei das handtuch hält,
und mich auf den einen oder anderen pickel aufmerksam macht …

mein anker ist etwas pedantisch,
was ihm schon an seiner haltung anzusehen ist,
ähnlich einer strengen lehrerin,
ein grader hochgereckter hals und das hanfseil leicht gespannt,
blickt er mir über die schulter,
während ich ein wenig creme im gesicht verteile,
und mich über meine augenbrauen beschwere,
welche nicht ganz so geschwungen wachsen,
wie ich es gerne hätte.

In solchen momenten tippt er mir auf die schulter und gibt mir zu verstehen,
das er nichteinmal augenbrauen hat,
zeigt auf das loch oben wo das hanfseil durchgeführt wird,
und erstickt somit mein gejammer im keim,
während er die nicht vorhandenen augen verdreht,
wie ein chefkoch über den resultaten seines azubi's,
und mir ein kleines lächeln über meine lippen huscht …

dies sind die kleinen plänkeleien zwischen uns,
ein abendliches spiel vorgegaukelter unterschiedlicher interessen,
mit dem gleichen ziel,
eine art ritual,
um die traumphase einzuleiten,
um uns beide daran zu erinnern,
das es mal anders um uns beide stand,
und das wir uns in die richtige richtung bewegen,
ein ziel vor augen haben welches inzwischen in greifbare nähe gerückt ist …

seitdem wir uns besser verstehen,
er zumeist vor mir die gardinen zur seite schiebt,
ein wenig umhergeistert und den dingen nachgeht die anker so machen,
während ich mir die freiheit nehme,
meine decke nochmals über mich zu ziehen,
um dem licht und dem tage für einen kurzen moment noch zu entgehen,
fühle ich mich viel wohler,
ist der kühlschrank ist immer gut gefüllt,
und auch das klopapier geht nie aus,
gehe ich einer geregelten arbeit nach,
und … einer begleitenden therapie ...

seitdem wir uns besser verstehen,
träller ich gelegentlich,
morgens ein liedchen,
während ich unter der warmen decke hervorschlüpfe und in die kalte frühlingsluft steige,
welches meinen anblick im flurspiegel grade so erträglich macht,
mein anker daneben steht und mir zu verstehen gibt,
das ich es so schlimm gar nicht getroffen habe.

Dennoch husche ich oft und ohne einen blick in ihn vorbei,
wie einst an meinem anker,
der sich damals zurecht murrend verzog,
und das seil zwischen uns spannte,
damit ich mich darin verhedder um böse auf die nase zu fallen ...

wenn ich nach dem morgentlichen kaffee und der traditionellen zigarette im bad angekommen bin,
denke ich zumeist anders über des ankers letzte aussage,
auch wenn ich weiss,
das er etwas recht hat …

doch noch muss ich mir selber die haare aus dem gesicht kratzen,
und zähle die tage zu meinem ersten laser-epilier-termin …
wie mechanisch bewegen sich meine hände,
das handtuch wird gereicht,
und die haut muss sich noch einen moment abkühlen,
bevor ich den müll wieder im gesicht verteile,
um dem optisch näher zu kommen,
was ich bin,
wie ich mich fühle,
wie ich gesehen werden möchte …

dies alles fällt mir nicht leicht,
speziell da es auf mich inzwischen einen leichten hauch von aufgesetztheit hat …
inzwischen fällt mir der zwiespalt immer mehr auf,
zwischen provisorien und meinem wesen,
welches irgendwann mal wo ankommen möchte,
nicht in einer traumwelt,
sondern als eine korrigierte einheit,
bei der mutter natur sich grobe fehler erlaubte ...

diese gedanken hege ich wenn ich morgens vor dem badspiegel stehe,
wenn ich zur arbeit radel und an der ampel warte,
das sie grün wird,
wenn ich mich in ein cafe setze,
wenn ich einkaufe,
wenn ich mit anderen menschen konfrontiert bin,
wenn ich ins bett gehe ...

seit zehn jahren näher ich mich mir an,
und mein anker hilft mir dabei,
indem er mir beim streichen der wände hilft,
mir schöne gedichte aufsagt während ich mein sparbuch fütter,
in meine fahradtasche steigt auf dem wege zum uke und dabei das pfeifen des windes imitiert,
mir dabei zusieht wie ich im büro über dem grafiktablett hänge,
mir mal über den kopf tätschelt wenn es mir dreckig geht,
da es immer noch ein jahr dauert,
bis ich halbwegs wo angekommen bin,
denn das letzte jahr,
hat mich soviel energie gekostet,
das es mir unmöglich ist dies in worte zu fassen,
und gleichzeitig zu wissen,
das es noch ein weilchen so weiter gehen wird,
lässt mich manchmal verzweifeln …

doch stubst mich mein anker in solchen momenten so lange an,
bis ich unter tränen lächeln muss,
da ich begreife,
das dieser zustand nur noch in monaten zu betrachten ist,
im vergleich zu wie ich hier angefangen habe,
im hohen norden,
und in jahren rechnen musste,
durch die ich mich geboxt habe,
der rest also nur noch ein klacks ist,
und ich somit frohen mutes sein darf ...

so gehe ich nun ins bad,
und wiederhole die übliche prozedur,
lächel meinem anker zu welcher bereits das handtuch bereit hält,
und betrachte im spiegel mein gesicht,
welches nur annähernd mir gehört,
weder männlich noch weiblich,
und im wissen,
das ich dies ist nur noch ein paar monate,
vielleicht ein jahr ertragen muss ...

MISSION STATEMENT:

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